Der kleine Therapeut




Einblick in den Arbeitsalltag eines Therapiehundes

Alle zwei Wochen packt fraupunkt den Therapiehunde-Rucksack - und zwar schon frühmorgens, denn Mimi und ich machen vor unserem Einsatz noch einen ausgiebigen Spaziergang. Wir arbeiten beide als Aktiv-Team von Therapiehunde Schweiz in der Neurorehabilitation. Dort werden Patienten mit einem Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma oder sonstigen neurologischen Befunden behandelt.

12.10 Uhr

Wir fahren rund 30 Minuten an unseren Einsatzort: Universitäre Neurorehabilitation der Insel Gruppe im Spital Riggisberg. Gemeinsam machen wir nach der Autofahrt einen ca. 20 minütigen Spaziergang - so kann Mimi sich noch versäubern und kriegt etwas Bewegung.

12.45 Uhr

Im Auto lege ich Mimi das Therapiehunde-Halstuch um, klippe meinen Batch an das Therapiehunde-Gilet und kontrolliere noch kurz, ob ich alles eingepackt habe. Mit dabei sind immer Wassernapf, Wasser und Leckerli, ihre eigene Decke und meistens auch Halsband und Geschirr. Aber auch Feuchttüchlein, Desinfektionsmittel und Spielzeug.

12.50 Uhr

Durch das Ritual im Auto, weiss sie genau, was jetzt kommt. Sie kennt den Weg an der Loge des Spitals vorbei und die Treppe hinauf in den zweiten Stock. Wir melden uns immer bei der Stationsleitung. Schon auf dem Weg dorthin treffen wir Pflegefachfrauen, die "Miiiimii" rufen und sie geniesst es sichtlich im Mittelpunkt zu sein. Wir besprechen kurz den Ablauf und welche Patienten heute zu uns kommen möchten. Es gibt Patienten, die mit uns einen Spaziergang machen möchten und es gibt Patienten, die nicht gut laufen können oder im Rollstuhl sind. 

13.00 Uhr

Heute gehen wir mit einer Patientin nach draussen. Durch den Schlaganfall erlitt sie eine Aphasie (Sprachverlust). Es ist das zweite Mal, dass wir uns sehen. Sie freut sich sehr Mimi zu sehen und sie knuddelt sie schon vor ihrem Zimmer. Nach 10 minütigem Spaziergang setzen wir uns auf eine Bank. Dabei setze ich Mimi zwischen uns und sie streichelt Mimi unentwegt während sie nach einzelnen Wörtern ringt.
(Die Patientin hat in zwei Monaten Fortschritte gemacht. Das letzte Mal, als wir uns trafen, war ein Gespräch eigentlich nicht möglich. Dank dem Hund entstand aber eine erstaunliche Harmonie. Anfangs war sie fast wütend, als kein Wort von ihrem Gehirn gebildet werden konnte. Als ich ihr aber den Druck nahm und sagte, dass der Hund sie so oder so verstünde, seufzte die Patientin und begann Mimis Ohren zu massieren. Als dann auch noch der Hund einen grossen Seufzer von sich gab, war ich sichtlich berührt.)
Im zweiten Teil unseres Spazierganges kann die Patientin Mimi Bällchen werfen und sie apportiert die Bälle. Das ist oft ein Spass für die Patienten. Sie dürfen dann auch Mimi mit Leckerlis belohnen. Frau K. versucht immer wieder zu sprechen. Während dem Ballspiel lachen wir und sie wird sichtlich entspannter, was sich unmittelbar auf ihren Sprachfluss auswirkt. Wir geniessen einfach den Moment miteinander.
Zum Schluss möchte die Patientin mit dem Aufzug nach oben in den zweiten Stock fahren. Mimi macht das Liftfahren keine Probleme - eine Situation, die in der Therapiehunde-Ausbildung auch getestet wurde.

13.30 Uhr

Nachdem wir Frau K. verabschiedet haben und Mimi noch einmal durchgeknuddelt wurde, holen wir Herrn B. in seinem Zimmer ab. Er ist ein Hundenarr und wollte schon sooo lange einmal zu uns kommen. Da ich wusste, dass er Hunde sehr liebt, fragte ich ihn, ob er Mimi auf den Schoss nehmen möchte, währenddem ich den Rollstuhl in unser Therapiehunde-Zimmer lenkte. Er lachte und ich legte Mimis Decke auf seinen Schoss und platzierte Mimi. Sie verhielt sich ganz ruhig und Herr B. hielt Mimi auch prima mit seinem gesunden rechten Arm. Der linke Arm ist immer noch gelähmt durch den Schlaganfall. Natürlich sicherte ich Mimi noch mit der Leine und fuhr ganz ganz langsam. Die Patienten, die im Gang auf ihre nächste Therapie warteten , waren so belustigt, ob dem Bild, das wir abgaben, dass einige klatschten. Herr B. war ganz aus dem Häuschen und hielt Mimi, als ob er sie schon lange kennen würde. Im geschützten Raum erzählte er mir ganz viele Erlebnisse, die er mit seinen Hunden und seiner Familie erleben durfte und … plötzlich erzählte er mir auch, wie schlimm die Begleitung der Hunde war, bevor er sie über die Regenbogenbrücke gehen lassen musste. Es kugelten kleine Tränen und Mimi, die auf der Seite lag und döste, rappelte sich auf und begann seine Finger und das Handgelenk zu lecken. Herr B. war so gerührt.

14 Uhr

Ich düse mit Herrn B. im Rollstuhl, zurück in sein Zimmer. Dieses Mal schreitet (in kann es nicht anders sagen) Mimi vorne weg, Herr B. hält die Leine und ist ganz verzückt und sagt immer "Mimi, Mimi... du bist mir eine !".

14.15 Uhr

Wir verabschieden uns im Stationsleitungszimmer und drehen noch eine kleine "Pinkelrunde", bevor wir den Heimweg antreten. Mimi ist dann jeweils hundemüde und auch ich brauche ein Pause. Ich setze mich auf unserer Laube an die Sonne und schliesse für eine kurze Zeit die Augen. Diese Arbeit ist nicht nur eine Bereicherung für die Patienten, nein auch ich fühle mich immer sehr bereichert und bin jeweils glücklich, dass die Menschen uns so viel Vertrauen schenken.  

Genau diese Erlebnisse und diesen Ablauf habe ich diese Woche erlebt. Es ist nicht immer so, dass Patient und Hund so schnell eine Verbindung aufbauen können. Aber meistens. Ist das nicht erstaunlich ? Es ist ein Zeugnis der hundlichen Intelligenz und Empathiefähigkeit. Hunde haben ausserordentliche kommunikative Fähigkeiten und können menschliche Stimmungen erkennen und auch darauf reagieren.

Therapiehunde-Schweiz VTHS

Wir sind ein Aktiv-Team von Therapiehunde-Schweiz - der Link dazu Klick-Klick. Wir leisten auf freiwilliger, unbezahlter Basis regelmässig diesen Einsatz. Unser Ziel ist: das körperliche und mentale Wohlbefinden der besuchten Personen zu erhalten bzw. zu fördern.

Wir achten stets auf die Bedürfnisse von Mensch und Tier. Unsere Hunde sind Familienhunde. Ihre Einsätze sind zeitlich begrenzt, damit die anspruchsvolle Arbeit die Tiere nicht überfordert. Denn nur fröhliche, entspannte und gesunde Hunde sind erfolgreiche Therapiehunde.

Es sind Teams im Einsatz in:

  • Spitälern, Psychiatrie- und Rehakliniken
  • Senioren- und Pflegeheime
  • Schulen und Kindergärten
  • Kinderkliniken und Sonderschulen
  • Behindertenheimen und geschützten Werkstätten
  • Häusern für Aidskranke, Palliativkliniken
  • Institutionen für Menschen im Strafvollzug
  • Privathäuser



Wir sind parat für unseren Einsatz !


An der Loge vorbei - in den zweiten Stock !


Besuch bei einer Patientin


Unterschrift für das Besuchs-Heft einholen und dann ab nach Hause !



Macht Euch die Welt, wie sie Euch gefällt !





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